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Von Bauchweh bis Brain Fog: Wenn es nicht nur an der Laktose liegt

  • Autorenbild: Sonja Speck
    Sonja Speck
  • 7. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Sept.

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Bauchkrämpfe, Blähungen oder ein aufgeblähter Bauch – viele schieben die Schuld auf die in Milchprodukten enthaltene Laktose. Kein Wunder: Laktose ist der bekannteste Bestandteil der Milch. Es ist ein Zucker, der durch das Enzym Laktase aufgespalten wird. Doch was, wenn die Beschwerden bleiben, obwohl du schon laktosefreie Milch probiert hast oder Laktase dazu einnimmst?

Die eigentliche Ursache könnte woanders liegen – im Milcheiweiß. Bestimmte Varianten davon können im Darm ein kleines Peptid freisetzen, das Entzündungen fördert, die Verdauung verlangsamt und Beschwerden verstärken kann. Das Spannende: Hier helfen Laktasetabletten nicht, weil das Problem gar nicht der Milchzucker ist.


Milch ist mehr als nur Laktose

Wenn du an Milch denkst, kommt dir wahrscheinlich zuerst der Milchzucker – die Laktose – in den Sinn. Doch Milch besteht aus vielen weiteren Komponenten:

  • Wasser (rund 87 %)

  • Fett (in kleinen Tröpfchen, wichtig für Energie und fettlösliche Vitamine)

  • Eiweiße (Proteine) – etwa 3 bis 3,5 %

  • Mineralstoffe (z. B. Calcium, Magnesium)

  • Vitamine (v. a. Vitamin B2, B12, fettlösliche Vitamine)

Gerade die Eiweiße verdienen besondere Aufmerksamkeit, wenn es um die Verträglichkeit von Milch geht.


Die Eiweiße in der Milch

Milch enthält zwei große Gruppen von Eiweißen:

  1. Molkenproteine (ca. 20 %): Dazu gehören z. B. Lactalbumin und Lactoglobulin. Sie sind besonders hochwertig, weil sie viele essenzielle Aminosäuren enthalten.

  2. Kaseine (ca. 80 %): Das sind die dominierenden Eiweiße in der Milch – und die Hauptbestandteile von Käse.

Eines dieser Kaseine heißt β-Kasein – und genau hier kommt der Unterschied zwischen A1 und A2 ins Spiel.


A1- und A2-Kasein – der kleine Unterschied mit Wirkung

Es gibt zwei Varianten des β-Kaseins: A1 und A2.Der Unterschied ist winzig – nur eine einzige Aminosäure ist anders. Klingt harmlos, kann aber bei der Verdauung Folgen haben:

  • A1-Kasein: Beim Abbau im Darm kann daraus ein kleines Peptid entstehen, das β-Casomorphin-7 (BCM-7) heißt. Dieses Peptid wirkt im Körper ähnlich wie ein schwaches Opiat. Es kann die Darmbewegung verlangsamen, Entzündungen fördern und so Beschwerden verursachen.

  • A2-Kasein: Diese Variante setzt kein oder deutlich weniger BCM-7 frei und wird deshalb von vielen Menschen als besser verträglich beschrieben.


β-Casomorphin-7 (BCM-7) – das kleine Peptid mit großer Wirkung

Wenn du Milch mit A1-Kasein trinkst, kann bei der Verdauung im Darm das Peptid β-Casomorphin-7 (BCM-7) entstehen. Dieses Molekül gehört zur Gruppe der Exorphine – das sind Eiweißbruchstücke, die im Körper opiatähnlich wirken können.


Was bedeutet das konkret?

BCM-7 kann an Opioidrezeptoren binden, die sowohl im Darm als auch im Nervensystem und Immunsystem vorkommen. Studien deuten darauf hin, dass es dadurch:

  • die Darmbewegungen (Motilität) verlangsamen kann → Völlegefühl, Blähbauch oder Verstopfung,

  • die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen beeinflusst → mehr entzündliche Reaktionen bei empfindlichen Personen,

  • auf das Nervensystem wirken kann → Kopfschmerzen, Brain Fog, Konzentrationsprobleme,

  • die Darmbarriere belasten kann → Leaky-Gut-Tendenzen, die Beschwerden verstärken.


Welche Symptome können auftreten?

Nicht alle reagieren gleich, aber typische Beschwerden, die in Studien und Praxis berichtet werden, sind:

  • Verdauung: Blähungen, Bauchschmerzen, weicher Stuhl oder Verstopfung

  • Energie: schnelle Erschöpfung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit

  • Kopf & Nerven: Kopfschmerzen, Migräne, Brain Fog

  • Immunsystem: verstärkte Entzündungen, diffuse Schmerzen

Das Gemeine: Diese Symptome ähneln oft einer Laktoseintoleranz – nur dass laktosefreie Milch keine Lösung bringt, weil das Problem nicht der Milchzucker, sondern das Eiweiß ist.


Wie kannst du herausfinden, ob A1-Milch für dich ein Problem ist?

Der einfachste Weg ist ein Selbsttest:

  1. Kompletter Verzicht auf normale Milchprodukte für 2 Wochen.

  2. In dieser Zeit nur A2-Milch oder Produkte von Schaf/Ziege verwenden.

  3. Symptome notieren: Bauchgefühl, Energie, Haut, Kopf.

  4. Nach 2 Wochen wieder normale Kuhmilch testen.

Wenn die Beschwerden mit A2-Milch besser sind und mit normaler Milch zurückkehren, ist das ein deutlicher Hinweis, dass du auf A1-Kasein reagierst.


Welche Kühe geben A1- und welche A2-Milch?

Ursprünglich haben alle Kühe A2-Milch produziert.Erst durch eine genetische Mutation vor mehreren tausend Jahren entstand das A1-Kasein.

  • A1-Milch: Vor allem von Holstein-Friesian (Schwarzbunte), Ayrshire, Britische Kurzrassen.

  • A2-Milch: Vor allem von asiatischen und afrikanischen Rindern, Zebu-Kühen, Guernsey und Jersey-Kühen.

Heute gibt es spezielle A2-Milch-Produkte im Handel. Sie stammen von Kühen, die genetisch getestet und als reine A2-Träger gezüchtet werden.


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Warum ist die Struktur der Milch heute anders?

Die Veränderung von A2 zu A1 ist das Ergebnis einer natürlichen Mutation im Gen für β-Kasein.Diese Mutation hat sich besonders in europäischen Rinderrassen verbreitet, die stark auf Milchleistung gezüchtet wurden.

Das heißt:

  • Traditionelle, alte Kuh- und Ziegenrassen produzieren meist A2-Milch.

  • Hochleistungsrassen, wie sie heute in der Milchwirtschaft dominieren, geben überwiegend A1-Milch.


Fazit: Ein kleiner Unterschied mit großer Wirkung

Der Unterschied zwischen A1- und A2-Milch liegt in einer einzigen Aminosäure. Doch diese kleine Veränderung kann dazu führen, dass beim Verdauungsprozess BCM-7 entsteht – ein Peptid, das bei manchen Menschen Darm, Nervensystem und Immunsystem beeinflusst.

Die Studienlage zeigt:

  • Manche Menschen profitieren deutlich von A2-Milch.

  • Andere merken gar keinen Unterschied.

  • Ein klarer Zusammenhang zu chronischen Erkrankungen ist bislang nicht belegt.

👉 Mein Tipp: Wenn du trotz laktosefreier Milch Beschwerden hast, probiere A2-Milch für ein bis zwei Wochen aus und beobachte deine Symptome. Am Ende zählt deine persönliche Verträglichkeit – nicht das Etikett.

Übrigens: In der Schweiz ist A2-Milch oft schon unter dem Begriff „Urmilch“ erhältlich. Der Grund: Dort sind noch viele Kühe traditioneller Rassen wie Braunvieh und Jersey verbreitet, die natürlicherweise häufiger das A2-Gen tragen. Dadurch ist die Chance, Milch mit A2-β-Kasein im Handel zu bekommen, höher als in Ländern, in denen fast ausschließlich Holstein-Friesian-Kühe gehalten werden.


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