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Chronisch krank – reicht das große Blutbild aus?

  • Autorenbild: Sonja Speck
    Sonja Speck
  • 21. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit
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Müdigkeit, Erschöpfung und diffuse Beschwerden, die einfach nicht verschwinden – viele Betroffene kennen dieses Gefühl nur zu gut.

Der Gang zum Arzt folgt, Blut wird abgenommen – „wir machen mal ein großes Blutbild“. Kurz darauf kommt die Rückmeldung: Alles in Ordnung. Und doch sind die Symptome immer noch da. Spätestens dann stellt sich die Frage: Reicht ein großes Blutbild wirklich aus, um chronische Beschwerden zu erklären?

Der Name klingt nach „Alles-drin“. Tatsächlich liefert das Blutbild wertvolle Basisinformationen – über die Blutzellen und bestimmte Auffälligkeiten des Immunsystems. Für chronische Beschwerden oder die Abklärung komplexerer Themen ist es jedoch nicht ausreichend.


Was wird beim Arzt standardmäßig gemacht?

In der hausärztlichen Praxis werden zwei Varianten eingesetzt:

  • Kleines Blutbild: Zellzahlen und Erythrozyten-Indizes

  • Großes Blutbild: kleines Blutbild plus Differenzialblutbild (feinere Aufschlüsselung der weißen Blutkörperchen)

Beide Untersuchungen gehören zur Routine, sind schnell, vergleichsweise kostengünstig und helfen vor allem bei akuten Fragestellungen (Infekt? Anämie? Gerinnungsauffälligkeiten?). Schauen wir uns die Inhalte strukturiert an.


Kleines Blutbild – die Basiswerte (Zellen & Indizes)

Leukozyten (weiße Blutkörperchen, Gesamtzahl)

  • Funktion: Abwehr von Krankheitserregern, Entzündungsreaktionen.

  • Was man daraus lesen kann: Erhöht bei vielen akuten Infektionen/Entzündungen; erniedrigt z. B. nach Virusinfekten, bei bestimmten Medikamenten oder Knochenmarksproblemen.

  • Einschränkung: Die Gesamtzahl allein sagt nicht, ob der Auslöser bakteriell, viral oder allergisch ist – dafür braucht es die Differenzierung (siehe „großes Blutbild“).

Erythrozyten (rote Blutkörperchen)

  • Funktion: Sauerstofftransport.

  • Hinweisgeber: Zahl und Form können bei Anämien verändert sein.

Hämoglobin (Hb)

  • Funktion: Roter Blutfarbstoff, bindet Sauerstoff.

  • Interpretation: Niedrig bei Anämien; in Kombination mit MCV/MCH lassen sich typische Muster (z. B. Eisenmangel vs. B12/Folsäure-Mangel) besser einordnen.

Hämatokrit (Hkt)

  • Bedeutung: Anteil der Zellen am Blutvolumen; indirektes Maß für „dickes“ oder „dünnes“ Blut.

Erythrozyten-Indizes

  • MCV (mittleres korpuskuläres Volumen): Größe der Erythrozyten.

    • Typische Einordnung: niedrig → oft Eisenmangel; hoch → häufig B12-/Folsäuremangel oder Alkohol/Leberbeteiligung.

  • MCH (mittleres korpuskuläres Hämoglobin): Hb-Menge pro Erythrozyt.

    • Typische Einordnung: läuft oft parallel zum MCV (niedrig bei Eisenmangel, erhöht bei B12-/Folatmangel).

  • MCHC (mittlere korpuskuläre Hämoglobin-Konzentration): Hb-Konzentration im Erythrozyten.

    • Typische Einordnung: weniger variabel; Abweichungen u. a. bei bestimmten Anämieformen.

Praxistipp: MCV/MCH helfen, Anämieformen grob zu unterscheiden – sie zeigen aber keine Ursache (z. B. leere Eisenspeicher vs. Entzündungsanämie). Dazu braucht es weitere Werte (z. B. Ferritin, Transferrinsättigung, CRP).

Thrombozyten (Blutplättchen)

  • Funktion: Blutgerinnung.

  • Interpretation: Erhöht u. a. reaktiv nach Infekten/Entzündungen; erniedrigt bei Knochenmarksstörungen oder vermehrtem Verbrauch.


Großes Blutbild – die Erweiterung (Differenzialblutbild)

Das große Blutbild umfasst alle Werte des kleinen Blutbildes plus die prozentuale und absolute Aufschlüsselung der Leukozyten-Untergruppen:

  • Neutrophile: Häufig erhöht bei bakteriellen Infektionen, Stressreaktionen, Glukokortikoid-Einfluss.

  • Lymphozyten: Relativ/absolut erhöht bei virusbedingten Infekten; erniedrigt u. a. unter Kortison oder bei bestimmten Immundefekten.

  • Monozyten: „Aufräumtrupp“; steigen bei länger anhaltenden Entzündungen/Erholung von Infekten.

  • Eosinophile: Hinweis bei Allergien, Asthma, Parasitosen; erniedrigt u. a. unter Kortison.

  • Basophile: selten; können bei allergischen Reaktionen/chronischen Entzündungen beteiligt sein.

Was man daraus lesen kann:Das Differenzialblutbild liefert Puzzleteile zur Art der Immunreaktion (bakteriell? viral? allergisch?). Es ersetzt jedoch keine mikrobiologischen Tests und trifft keine Aussage über Ursachen jenseits des Immunsystems.


Wichtige Ergänzung: Was standardmäßig nicht enthalten ist

Ein Blutbild (klein/groß) ist kein Organ- oder Stoffwechselprofil. Folgende Bereiche sind nicht abgedeckt:

  • Organparameter:

    • Leber: GPT/ALT, GOT/AST, GGT, Bilirubin etc.

    • Niere: Kreatinin, eGFR, Harnstoff, Elektrolyte.

    • Bauchspeicheldrüse: Lipase/Amylase.Ohne diese Werte lässt sich die Organfunktion nicht beurteilen.

  • Entzündungsmarker:

    • CRP, BSG sind nicht Teil des Blutbilds.

  • Hormone:

    • Schilddrüse: TSH, fT4, fT3, Antikörper (TPO-AK, Tg-AK) fehlen.

    • Nebennieren/Stressachse: Cortisol (Serum/Saliva), DHEA fehlen.

    • Geschlechtshormone: Östradiol, Progesteron, Testosteron etc. fehlen.

  • Nährstoffstatus:

    • Eisen/Ferritin/Transferrinsättigung, Vitamin B12 (ggf. Holo-TC, MMA), Folsäure, Vitamin D (25-OH), Magnesium, Zink, Selen u. a. sind nicht enthalten.

  • Zell- & Mitochondriengesundheit:

    • Das Blutbild sagt nicht, wie leistungsfähig die Zellen (Mitochondrien, Energiestoffwechsel) arbeiten oder ob Belastungen vorliegen.

Kurz: Das Blutbild beantwortet Zellzahl-Fragen – nicht aber Funktions-, Hormon-, Nährstoff- oder Organ-Fragen.


Was macht bei chronischen Beschwerden zusätzlich Sinn?

Je nach Symptomatik kann eine gezielte Erweiterung sinnvoll sein (muss aber immer individuell angeschaut und entschieden werden):

Organfunktion & Entzündung

  • Leber: ALT/GPT, AST/GOT, GGT, Bilirubin

  • Niere: Kreatinin, eGFR, Harnstoff, Elektrolyte

  • Entzündung: CRP (ggf. hs-CRP), BSG

Nährstoffe

  • Eisenstoffwechsel: Ferritin, Transferrinsättigung, ggf. Serumeisen (mit CRP zur Einordnung)

  • B-Vitamine: Vitamin B12 (ggf. Holo-TC und/oder MMA), Folat

  • Fettlösliche Vitamine & Spurenelemente: Vitamin D (25-OH), Magnesium, Zink, Selen

Hormone & Stoffwechsel

  • Schilddrüse: TSH, fT4, fT3,ggf. Antikörper (TPO-AK, Tg-AK)

  • Nebennieren/Stressachse: Cortisol (Serum oder Speichel-Tagesprofil), DHEA

  • Glukose/Insulin: Nüchtern-Glukose, HbA1c, ggf. Nüchtern-Insulin/HOMA-Index

  • Lipidstoffwechsel: Gesamt-/LDL-/HDL-Cholesterin, Triglyzeride


Wichtig: Laborwerte gehören immer in den klinischen Kontext (Symptome, Anamnese, Untersuchung). Einzelwerte ohne Gesamtschau führen leicht in die Irre.


Warum das große Blutbild bei chronischen Problemen oft nicht ausreicht

  • Es misst Anzahl, nicht Funktion.

  • Es blendet Organsysteme (Leber, Niere, Pankreas) aus.

  • Hormone bleiben komplett außen vor.

  • Nährstoffmängel zeigen sich häufig erst spät im Blutbild (z. B. erst bei manifester Anämie) – suboptimale Speicher (Ferritin, Vitamin D) bleiben unentdeckt.

  • Mitochondriale Dysfunktionen/Energieprobleme sind mit dem Blutbild nicht erfassbar.


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